Schreibängste überwinden
In meiner Zeit als freier Lektorin habe ich viele Autoren/innen kennengelernt und betreut und alle hatten eines gemeinsam: Sie alle hatten Schreibängste, die sie in ihrem Autoren/innendasein zurückgehalten haben.
Ängste sind etwas ganz Normales, vor allem bei den Dingen, die man liebt, doch sie sollten einen nicht davon abhalten, das eigene Potenzial vollständig auszuschöpfen. Stattdessen sollte man sie hinter sich lassen, denn das Überwinden kann einen antreiben und dazu bringen, sich weiterzuentwickeln.
Und damit ihr in 2024 eure Schreibängste angehen und überwinden könnt, habe ich kurz vor Weihnachten meine Instagram-Community gefragt, welche Schreibängste sie hat und im letzten Monat ein paar Tipps entwickelt, die euch dabei helfen sollen.
Folgende Schreibängste sind bei dieser Befragung zusammengekommen:
• Angst vor Small Talk in Dialogen.
• Angst vor langweiligen Szenen, in denen nicht viel Neues passiert.
• Angst vor epischen Kampfszenen oder Sexszenen.
• Angst davor, dass alles zu kurz gerät.
• Angst davor, nicht weiterzukommen oder zu wissen, wie eine Szene beendet werden soll.
• Angst davor, eine Schreibblockade zu bekommen.
Und hier sind meine Tipps für den Umgang mit diesen Schreibängsten:
Small Talk in Büchern
Das Schöne ist, dass Dialoge in Büchern nicht so sind wie im echten Leben. Das gilt logischerweise auch für Small Talk. Jede Unterhaltung in einem Buch hat immer in irgendeiner Form eine Bedeutung für die Geschichte. Sei es, dass sie die Handlung vorantreibt, die Entwicklung der Figuren zeigt oder sie einfach nur charakterisiert.
Macht euch also bewusst, dass ihr euch keine Belanglosigkeiten aus den Fingern saugen müsst, sondern dass ihr “Small Talk” als Chance begreifen könnt, den Leser*n/innen Details über eure Figuren, eure Welt und eure Geschichte mitzugeben.
Langweilige Szenen
Eine kleine Faustregel beim Schreiben von Büchern besagt, dass gezielt “ruhigere” und vermeintlich langweiligere Szenen den Lesern/innen die Möglichkeit geben, in einer actiongeladenen Geschichte verschnaufen. Seht also “langweilige” Szenen nicht als etwas Negatives an, sondern als Möglichkeit, euren Lesern/innen einen Moment der Ruhe zu gönnen, bevor es mit der Geschichte weitergeht.
Und wenn alle Stricke reißen: Solltet ihr wirklich mal eine langweilige Szene geschrieben haben, die euch überhaupt nicht gefällt, könnt ihr sie bei der Überarbeitung immer noch streichen.
Epische Kampfszenen
Was macht eine Kampfszene episch? Die Art und Weise wie gekämpft wird? Dass die Kontrahent*en/innen sich bekämpfen? Oder dass sie sich mit den unterschiedlichsten Waffen duellieren?
Alles und nichts davon. Kampfszenen sind auf den Kampf allein bezogen, eigentlich nicht episch. Das, was sie herausragend macht, ist etwas Anderes: Sie werden episch durch das, was auf dem Spiel steht.
Das heißt: Je größer die “Stakes” sind, desto wichtiger wird der Ausgang des Kampfes und damit eben auch die Kampfszene. So bekommt ein Stolpern, ein schneller Schlagabtausch und ein Sieg eine viel größere Bedeutung.
Sexszenen
Sexszenen werden nicht durch den Akt an sich besonders erotisch oder aufregend, sondern durch das, was dieser Moment für die Figuren bedeutet.
Das heißt, dass ihr keine neuen und kreativen Wege finden müsst, um Sex zu beschreiben, sondern dass ihr euch darauf fokussiert, was dahintersteckt: Emotionen.
Macht euch bewusst, was eure Figuren in diesen Momenten empfinden und nutzt diese Emotionen. Empfindet eine Figur Lust, weil sie zum ersten Mal befriedigt wird? Oder ist sie enttäuscht? Sorgt dafür, dass sich diese Gefühle auf die Leser*innen übertragen und bleibt bei den sexuellen Beschreibungen eher wage.
Die Kürze
Als ich an der Uni war, wurde mir von meiner Tutorin folgender Schreibtipp mit auf den Weg gegeben:
“Halte erst einmal das Wesentliche, also das Skelett deines Textes, fest und fülle ihn dann mit Blobs, also Fleisch und Blut, aus.”
Diesen Tipp kann man auch für das literarische Schreiben anwenden. Anstatt euch Sorgen um die Länge zu machen, solltet ihr euch auf das Grundgerüst – den Plot – eurer Geschichte konzentrieren. Wenn dieses steht, könnt ihr das Ganze immer noch ausschmücken. Und am Ende gilt sowieso: In der Kürze liegt die Würze.
Ideenlosigkeit
Mir hat mal jemand in einem Schreibforum gesagt, dass man erst einmal etwas erleben muss, um über etwas schreiben zu können.
Und genau da setzt mein Tipp zur Überwindung der Angst vor der Ideenlosigkeit an: weg vom Schreibtisch, Handy, Tablet und PC und raus in die Welt.
Wer Neues erlebt, kann auch über neue Dinge schreiben. Wenn euch also noch einmal die Angst überkommt, dass euch die Ideen ausgehen (könnten), macht einen Ausflug, trefft euch mit Freund*en/innen, macht etwas, was ihr auf eurer Bucket-List habt und tobt euch im echten Leben so richtig aus.
Denn wer etwas erlebt, kann später auch davon schreiben.
Schreibblockade
Anstatt Schreibblockaden als etwas rein Negatives zu betrachten, kann man diese auch als Chance begreifen.
Versucht, Schreibblockaden nicht mehr als etwas anzusehen, vor dem ihr Angst haben müsst, sondern als etwas, dass euch die Möglichkeit gibt, Abstand von eurem Projekt und vom Schreiben zu nehmen, um den Fokus auf etwas Anderes in eurem Leben zu legen.
Schreiben ist ein Marathon und kein Sprint. Jede Blockade hat einen Ursprung und löst sich irgendwann wieder, wenn man diesen gefunden hat. Also nutzt die Zeit, um herauszufinden, warum ihr blockiert seid, und gönnt euch eine wohlverdiente Pause.
Zuletzt möchte ich euch noch einen allgemeinen Rat mit auf den Weg geben: Macht euch bewusst, dass das, wovor ihr Angst habt, genau das sein könnte, in dem ihr schlussendlich brillieren werdet. Seht die Angst also als Möglichkeit und nicht als Hindernis.
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